Regionale Erzeuger Famillie Pottbäcker Edeka Kempken

Bild: Für Nachwuchs ist bereits gesorgt – Andreas Pottbäcker und seine Frau Stefanie auf ihrem Kartoffelfeld.

Süßkartoffeln vom Niederrhein

Der landwirtschaftliche Betrieb von Familie Pottbäcker.

Gerade einmal 20 km von Krefeld entfernt liegt ein landwirtschaftlicher Betrieb, der im Herbst 2017 großes Interesse auf sich zog. Der Grund: regional angebaute Süßkartoffeln. Damit befindet sich der Rheurdter Kartoffelhof Pottbäcker bundesweit in erstaunlich kleiner Gesellschaft. Betriebe, die hierzulande Süßkartoffeln großflächig anbauen, lassen sich schnell an einer Hand abzählen. Umso erfreulicher, dass sich Edeka Kempken-Kunden seit Monaten über regionale Süßkartoffeln freuen können. Und umso erstaunlicher, dass hinter dem neuen Projekt eigentlich nur ein Zufall steckt.

Seit mehr als 45 Jahren befindet sich der Hoelmannshof in der sogenannten Aldekerker Platte im Besitz der Familie Pottbäcker. Der Schwerpunkt liegt neben dem Rübenanbau und dem Weizenanbau ganz klar auf der Erzeugung von Speise- und Industriekartoffeln für unterschiedlichste Zwecke. Dabei ist Inhaber Andreas Pottbäcker nicht nur die Qualität des angebauten Gemüses wichtig, ihm liegt vor allem die Umwelt und somit ein nachhaltiger Anbau am Herzen: „Durch Optimierung der Fruchtfolge, dem Anbau von Zwischenfrüchten und möglichst geringer Bodenbearbeitung versuchen wir tagtäglich, den Verbrauch von Treibstoff, Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln so gering wie möglich zu halten.“

2007 gründeten die Pottbäckers ihren eigenen Handelsbetrieb, der durch den Bau einer Sortier- und Bunkeranlage vier Jahre später ausgeweitet werden konnte. Seitdem beliefert der Familienbetrieb seine Kunden mit nach Knöllchengröße sortierten und per Hand vorverlesenen Kartoffeln. Die lange Liste der angebotenen Kartoffelsorten liest sich wie eine Aufzählung ungewöhnlicher Frauennamen: Cilena, Elfe, Noblesse, Madeira, Belana, Lucilla, Jazzy oder Valery – um nur einige zu nennen.

Aber wie kam es jetzt, dass die Süßkartoffel als eigentlich tropisches Gewächs den Weg auf die Felder der Aldekerker Platte fand? Die Antwort findet sich in einem Sack voller zurückgeschickter Kartoffeln.

Um das kurz zu erklären: Die Familie Pottbäcker liefert ihre losen Kartoffeln an externe Unternehmen, die das Gemüse dann ihrerseits verpacken und an den Endkunden verkaufen. Werden in diesem Schritt unschöne oder beschädigte Kartoffeln aussortiert, schicken einige Fabriken sie zurück an Familie Pottbäcker, die diese dann wiederum als Tierfutter verwenden kann. Nun fand Andreas Pottbäcker in einigen dieser Rück-sendungen vereinzelte orange Kartoffeln, die sich nach genauerem Hin-sehen als importierte Süßkartoffeln entpuppten. Eine paar kurze Recherchestunden später stand fest: Das wird die neue Herausforderung für das Jahr 2017. „Mir kam die Idee, Süßkartoffeln auch hier am Niederrhein anzubauen, mehr als gelegen. Der Anbau von normalen Kartoffeln ist zwar meine Leidenschaft, aber in den letzten Jahren habe ich schon gemerkt, dass ich zusätzlich etwas machen möchte, was sich vom Klassischen abhebt“, erzählt Andreas, während er schon fast verträumt eine seiner geernteten Süßkartoffeln von der einen in die andere Hand schiebt.

Je mehr der 30-Jährige sich mit dem Thema beschäftigte, desto mehr Vorteile fand er. Einer davon: Während normale Kartoffeln eine ganze Menge an Pflanzenschutz und anspruchsvoller Düngung benötigen, gibt es keine zugelassenen Pflanzenschutzmittel für Süßkartoffeln. Was sich auf dem ersten Blick als große Hürde für den Anbau anhört, entpuppt sich schnell als kleiner Segen. Süßkartoffeln sind nämlich so resistent gegen Schädlinge, dass ihre Behandlung auf ein Minimum reduziert werden kann und somit erst gar keine Pflanzenschutzmittel benötigt werden. Einziger Wermutstropfen: Das Unkraut muss aufwendig per Hand entfernt werden. Doch in Zeiten, in denen Umweltschutz ein wichtiger Grundsatz für die Landwirtschaft ist, lässt sich mit ein bisschen Mehraufwand wunderbar leben. Stellt sich natürlich die Frage: Wieso beschäftigen sich so wenige deutsche Landwirtschaftsbetriebe mit Süßkartoffeln, wenn ihr Anbau so unkompliziert ist, während ihr Ansehen kontinuierlich zu steigen scheint? Auch hier ist eine Antwort schnell gefunden: „Herkömmliche Kartoffeln haben den Vorteil, dass sie leicht zu ernten und zu lagern sind. Das sieht bei Süßkartoffeln ganz anders aus“, erzählt Andreas Pottbäcker aus eigener Erfahrung. Die erntereifen Knollen sind so empfindlich, dass die Erntehelfer sie fast schon mit Samthandschuhen anfassen müssen, um sie nicht zu brechen oder zu beschädigen.

Und dann wäre da noch das sogenannte Curing – auf deutsch: Heilung. So nennt man die ca. zehn Tage nach der Ernte, in denen die Süßkartoffeln ihre Süße erhalten. In einem Raum von 30°C und einer Luftfeuchtigkeit von mindestens 90% verwandelt sich die Stärke in Zucker, was unabdingbar ist, um den typisch süßen Geschmack zu erhalten. In diesem Schritt wird dann auch die Schale etwas dicker, sodass man nicht bei jeder Berührung Gefahr läuft, eine Kitsche in die Kartoffel zu schlagen. Dennoch ist Andreas Pottbäcker zuversichtlich, dass sich der Markt für deutsche Süßkartoffeln in den nächsten Jahren ausweiten wird, schließlich sind umliegende Länder uns schon einige Jährchen voraus. Hier kann man sehen, dass sich die tropische Süßkartoffel wunderbar mit dem nördlichen Klima verträgt, Und das könnte sich durch an die mitteleuropäischen Standortverhältnisse angepasste Sorten sicherlich noch einmal verstärken, wie es vor 40 Jahren auch beim regionalen Maisanbau der Fall war.

Die erste Ernte im Herbst 2017 ist zumindestens schonmal gut angelaufen. Und große Überredungskünste benötigte Andreas Pottbäcker bei der Vermarktung an seine Abnehmer nicht – zumindestens bei Heiner Kempken. Denn die Nachfrage nach dem trendigen Gemüse ist da: Knapp 100 kg liefert der Familienbetrieb daher wöchentlich an Edeka Kempken, hinzu kommen weitere große und kleine Abnehmer und Wochenmärkte in der Region. Ob das in den nächsten Jahren so bleiben wird und die Aldekerker Platte sich über ein Süßkartoffel-Feld freuen kann, entscheidet letztendlich natürlich der Verbraucher, also Sie.